Mit Trommel, Doppelschloß und Beinen (Text Jakob Schiek und Julius Hannig)
Das Judo-Jahr 2024 geht zu Ende und unter den vielen besonderen Ereignissen, die das Jahresende mit sich bringt, war ein mehr als außerordentliches: Der TSV Abensberg hatte Doppel-Olympiasieger und Dreifach-Weltmeister Ōno Shōhei, der aktuell eine Trainerstelle in Edinburgh bekleidet, für ein zweitägiges Technikseminar gewinnen können. Sechs Judoka aus Sachsen-Anhalt ließen es sich nicht nehmen einen der dominantesten Wettkämpfer der letzten beiden Olympiazyklen zu treffen und seinen Blick auf modernes und klassisches Judo kennenzulernen. Neben den Sportschülern Emil Eulitz vom 1. Dessauer JC, Jakob und Johann Schwenke vom JC Halle, waren Lars Floreck (ebenfalls JC Halle und 1. Quedlinburger JC) und Prüfungsreferent Jakob Schiek (ebenfalls JC Halle und SG Friesen Naumburg) und Kata-Referent Julius Hannig (SV Blau-Rot Pratau) waren nach Niederbayern gefahren wo der deutsche Rekordmeister dem Judo-Superstar auf drei Kampflächen eine angemessene Bühne bot. Vom U9er bis zum Veteranen und vom weiß-gelb-Gurt bis zum 6. Dan war jedes Alters- und Könnenslevel unter den Teilnehmern vertreten.
Federführend hatte Andreas Lorenz das Trainingscamp organisiert, welches schon vor dem Einlauf Ōnos Hochkarätigkeit verstrahlte: Unter den angetretenen Judoka fanden sich nicht nur mehrere Abensberger und andere Bundesligakämpfer, Abensbergs Bundesligatrainer und dreifachen Olympiastarter Ivan Radu und vor allem Olympiasieger und Vize-Olympiasieger Ole Bischof. Nach der Begrüßung des japanischen Stars übergab dieser auch direkt an „Bischof-San“ die Erwärmung und ließ die Menge noch etwas zappeln. Doch nachdem der Deutsche Doppel-Olympiamedaillengewinner die 150 Sportler aufgewärmt hatte, übernahm der japanische „double olympic champion“ für die erste Technikeinheit und taute auch relativ schnell auf. Er erklärte aus seiner Sicht die Bedeutung des Übergangs von Tachi-waza in Ne-waza und demonstrierte und erklärte didaktisch gut aufgeschlüsselt eine verzweigte Handlungskette aus der Oberlage. Diese sollte dann in den kurzen aber vielen Randori direkt erprobt werden, bevor es in eine erste Mittagspause ging, die auch direkt für Fotos genutzt wurde.
In der zweiten Einheit des Tages übernahm Ōno selbst die Erwärmung und zeigte seine Balance beim Handstandlaufen und seine Beweglichkeit beim Spagat. Dass seine Beine auch Power haben, zeigte er dann als er die Frage in die Runde stellte, ob Uchi-mata eigentlich eine Ashi- oder eine Koshi-waza sei: Er löste dies auf, indem er Demonstrationspartner mehrfach ohne Griff und ohne Hüftkontakt mit seiner Uchi-mata-Bewegung warf und auch auf die Nage-no-Kata verwies. Er zeigte Einzelübungsformen zur Stärkung der relevanten Muskulatur und legte in den Partnerübungen besonderen Wert darauf, wie man vor dem eigentlichen Wurf den Gegner aus dem Gleichgewicht bringen kann und dies üben sollte. Zuletzt zeigte er seine verschiedenen Uchi-mata-Varianten. Jakob ließ es sich dann nicht nehmen in der Pause vor dem Randori den Japaner zu einigen aktuellen Regelauslegungen, die Ōnos berühmten Uchi-mata tangieren, auszufragen. Nach weiteren zehn Randori-Runden war dann der erste Trainingstag vorbei. Am zweiten Tag musste wieder „Bischof-San“ die Menge erwärmen und dann wollte Ōno sehen, was die Teilnehmer vom ersten Tag behalten hatten. Nach einigen Wiederholungen und demonstrierenden Paaren waren es Sachsen-Anhalts Judoka, die vom Japaner mit „perfect!“ für ihre Ausführungen vor der Gruppe gelobt wurden – was verständlicherweise wie Öl herunterlief.
Im Anschluss zeigte Ōno seine zweite große und erfolgreiche Wettkampftechnik O-soto-gari. Auch hier war der Unterschied – aber auch die Gemeinsamkeiten – zwischen „klassischer“ und Ōno-spezifischer Ausführung als Aufhänger genutzt und wieder war Ōno Kuzushi ein wichtiger Aspekt. „Hit the drum“ wird jedem als Hinweis im Gedächtnis geblieben sein. Wieder wurde sich das Mittagessen mit vielen Randori verdient. Die letzte Einheit beschäftigte sich nach tiefergehenden Ausführungen zu Ōnos O-soto-gari, z.B. warum er diesen aus der Rücklage wirft, mit einer Zusammenfassung der bisherigen Trainings und mit Ōnos Blick auf Griffkampf und aktuelle Entwicklungen im Wettkampfjudo. Nach den letzten Randori, an denen der Olympiasieger selbst teilnahm, Autogrammen und Fotos war das Trainingscamp dann für alle viel zu schnell vorbei.
Der Lage Weg hatte sich dank der schönen Veranstaltung auf jeden Fall gelohnt. Vielen Dank noch einmal an den TSV Abensberg für diese Gelegenheit und wer weiß, vielleicht sehen wir ja bald die die eine oder andere Ōnos-Technik in Sachsen-Anhalt.