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04.09.2024 (J.Schiek )

Drei neue Träger des 5. Dan in Sachsen-Anhalt

Text: Mike Kopp

Am ersten Septembertag fand im Dojo des KSV 09 Köthen ein besonderes Ereignis statt: Nachdem in der Geschichte des JVST überhaupt erst fünf Prüfungen zum 5. Dan stattfanden, stellten sich gleich drei Anwärter nach einem langen Vorbereitungsprozess dieser Überprüfung ihres Wissens und Könnens, um den letzten schwarzen Gürtel zu erwerben. Michael Horn, Julius Hannig (beide SV Blau-Rot Pratau) und Jakob Schiek (Judoclub Halle) hatten schon im Vorfeld ihre Kata-Leistungen erbracht (Micha und Jakob bei der 70-Jahre-Judo-in-Halberstadt-Feier, Julius u.a. vor einem IJF-Wertungsrichter, der ihm eine sehr hohe Bewertung attestierte) und wollten nun ihre anderen Prüfungsteile vor der Kommission aus Mike Kopp, Holger Henschel und Hagen Wernecke darlegen. Auch einige Zuschauer waren an den Ratwall gekommen, um die Prüflinge zu unterstützen – unter ihnen auch der Vizepräsident des JVST Dr. Wolfram Streso.

Den Anfang machte Micha Horn mit seiner selbst entwickelten Konran-no-Kata – der „Kata der Verwechslung“. Mit dieser Kata zeigte er Bewegungsverwandtschaften und situative Unterschiede der einbeinigen Eindrehtechniken Harai-goshi, O-guruma und Ashi-guruma. Er legte schlüssig die Gedanken zur Entstehung und zum Aufbau seiner Kata dar und überzeugte die Kommission mit seinem Ansatz  und der Ausführung.

Weiter ging es mit der Demonstration und Erläuterung der biomechanischen Grundlagen und Nomenklatur der Sutemi-waza durch Jakob Schiek. Er zeigte, dass Physik vielleicht in Zukunft an der Schule durch Judo vermittelt werden sollte und erklärte über 45 Minuten hinweg sehr interessant die verschiedenen Zusammenhänge und Eigenarten der Selbstfalltechniken und ging dabei auch auf deren Übungsgedanke in der Nage-no-Kata ein. Weiterhin analysierte er einige Wettkampfvarianten durch Spitzenjudoka, um seine Ausführungen zu untermauern.

Die erste Prüfungsrunde komplettierte Julius Hannig, der das Kämpferprofil von Richard Fiedler vorstellte – und diesen auch gleich dabei hatte, denn Julius selbst hat als dessen Trainer dieses Profil mit dem JC-Leipzig Bundesligakämpfers erarbeitet, das diesen 2022 z. B. zum Deutschen Hochschulmeister führte. Julius stellte dabei auch den Prozess der Entwicklung eines Profils dar und konnte auf die interessierten Nachfragen der Kommission Antworten geben, die zum Nachdenken anregten und vielleicht zukünftig noch zu dem einen oder anderen Fachsimpeln auf der Matte führen werden.

Nach der ersten Pause ging es mit einem weiteren Kämpferprofil weiter: Micha erklärte nicht nur, was Teddy Riner zum „König des Judo“ macht, sondern auch, wie er besiegt werden kann, indem er die einzigen drei Niederlagen der letzten 15 Jahre von Riner erklärte. Jakob gab dann einen weiteren Exkurs in die Funktionsweise der Judo-Techniken und erklärte ebenso anschaulich wie zuvor bei den Sutemi-waza diesmal die Hebel- und Würgetechniken. Dabei merkte er auch an, dass er und Julius sich das eine oder andere Mal fachlich darüber streiten – was für einige Lacher im Publikum sorgte. Vor der Mittagspause ging es dann mit Julius weiter, der sehr ausführlich und mit Rückgriff auf Studien u.a. aus Japan und mit Anschauungsmaterial eine über 45-minütige sehr gute methodische Betrachtung von Morote-seoi-nage und O-soto-gari vorstellte.

Nun waren schon über fünf Stunden vergangen und eigentlich das Niveau und die Qualität der drei Prüflinge außer Frage, dennoch wollten wir als Kommission allen Prüflingen weiter die Gelegenheit geben, ihre lange Vorbereitung auch vorzustellen und jeder der Prüfungsteile war auch sehr fesselnd und bereichernd für alle Anwesenden – gerade nach Julius‘ Methodik-Teil wurde scherzhaft aus dem Publikum gefragt, ob man sich das ganze nicht eigentlich gleich als Trainer-Fortbildung anrechnen lassen könnte.

Als letzten praktischen Teil stellte Jakob im Rahmen der Technikvermittlung durch offene Aufgabenstellungen sein Konzept des „Gamifing Judo“ vor, mit der Grundidee, den Hauptteil der Technikvermittlung intuitiv durch Spielformen anzuregen. Dafür durften die anderen beiden Prüflinge, sowie Richi Fiedler und Michas Sohn Adriano ihr inneres Kind herauslassen und einige Spielideen Jakobs ausprobieren, während er den Ansatz und das Konzept erklärte. Da kam dann direkt die Frage, wann denn mit Jakobs Buch zu dem Thema zu rechnen sei.

Den Abschluss machte noch einmal Micha, der im Rahmen seines Theorie-Teils die Entwicklungen des Judosports in Deutschland und Sachsen-Anhalt seit der Corona-Pandemie und seine persönliche Entwicklung als Judoka reflektierte. Dabei wurde es auch etwas emotional, als er sich bei seiner Familie und seinen Trainingspartnern bedankte und wir als Kommission konnten uns nach inzwischen sieben Stunden kein besseres Schlusswort wünschen. Diese sieben Stunden waren in keinem Fall eine Belastung, sondern eine Freude, denn es ist immer wieder schön zu sehen, wenn sich Leute so in das Judo „reinknien“, sich so gut und wissenschaftlich fundiert Gedanken machen und so gutes Judo machen und das dann auch noch in einer Prüfung abliefern können. Daher war für uns als Kommission ganz klar: Das war hervorragend und wenn alle Prüfungen so wären, wäre das toll!

Vielen Dank an den KSV 09 Köthen für die Ausrichtung und an die Gäste für die Unterstützung der Prüflinge. 

Und herzlichen Glückwunsch an Micha, Julius und Jakob zu einem wohlverdienten 5. Dan.

Die Prüflinge bedanken sich bei der Kommission und bei ihren Familien, Trainern und Freunden, die sie in der Vorbereitung unterstützt haben – und beieinander für die gemeinsame Vorbereitung.